Essen, wo es hingehört

 

von

 

Lola Mais

 

Es war ein Morgen wie jeder andere. Herr Rabe erzählt in Deutsch wieder nur langweiliges Zeug und die anderen Lehrer machen den Tag auch nicht viel besser. Doch als Frau Sommer in PoWi dann auf ein ganz besonderes Thema zu sprechen kommt, werden die Schüler hellhörig: „Lebensmittel weggeworfen“, steht an der Tafel. Frau Sommer erzählt, dass die deutschen Supermärkte im Jahr rund 20 Millionen Tonnen Lebensmittel in den Abfallcontainer werfen.

 

Nach der Schule unterhalten sich Paul, Lena und Ellie über die Lebensmittelverschwendung.

„Ich würde gerne bei unseren Supermärkten mal nachfragen, wie viel und was die so alles wegwerfen“, meint Paul. „Ja, das ist eine prima Idee“, sagen die beiden Mädchen. „Nach dem Mittagessen treffen wir uns gleich bei „mEinkauf“, OK?“. „Abgemacht!“.

 

„Wo bleibt ihr denn? Ich warte schon ewig“, sagt Lena. „Tut mir leid, ich musste noch fertig essen“, gibt Paul leicht genervt zurück. „Lasst uns nicht länger hier herumstehen, sondern endlich reingehen“, meint Ellie. Die drei gehen in den Laden und suchen eine Verkäuferin: „Entschuldigung“, fängt Lena an, „könnten wir ihnen mal eine Frage stellen?“ „Aber natürlich, was gibt es denn?“, antwortet die Frau vom Supermarkt. „Also, wir haben in der Schule gerade über die Verschwendung von Lebensmitteln gesprochen und wollten fragen, ob wir bei „mEinkauf“ auch mal in die Mülltonnen gucken können“, fragt Ellie. Die Verkäuferin hat es auf einmal sehr eilig: „Also für so etwas habe ich leider gar keine Zeit, tut mir sehr leid“ und verschwindet im Gang mit den Bio-Produkten.

 

„Die Sache ist ganz klar“, meint Lena, „die Mitarbeiter bekommen vom Chef bestimmt gesagt, dass sie keine Auskunft über die weggeworfenen Lebensmittel geben dürfen.“ „Aber wie wollen wir das dann je herausfinden?“ fragen Paul und Ellie gleichzeitig. Lena hat schon einen Plan: „Wir verstecken uns am Ausgang des Getränkelagers und wenn der Markt geschlossen ist, dann schleichen wir uns unbemerkt zu den Containern“. Die anderen sind einverstanden und stimmen zu, sich um viertel vor acht mit Taschenlampen ausgerüstet am vereinbarten Ort zu treffen.

 

„Habt ihr alles?“, fragt Ellie am Abend auf dem Parkplatz des Supermarktes. „Ich habe zum Thema Lebensmittelverschwendung auch noch mal im Internet recherchiert und bin auf eine interessante Seite gestoßen. Dort wird informiert, dass die meisten Verbraucher nur makelloses Obst und Gemüse kaufen und zum Beispiel Äpfel mit einem braunen Fleck gar nicht in die Auslage kommen“, erzählt sie. „Das ist doch nicht fair, wenn Menschen auf unserer Welt hungern müssen und wir hier im Überfluss gutes Essen wegwerfen.“

 

Die Kinder laufen zum Getränkemarkt und verstecken sich nacheinander hinter Stapeln von Leergutkästen. „Hier ist eine Lücke“, flüstert Paul, „von hier aus hat man einen super Blick auf den ganzen Platz“. „Wie spät ist es?“, fragt Ellie. „Gleich acht durch“, gibt Lena zurück.

 

„Schaut mal da!“, zischt Paul plötzlich. Eine Mitarbeiterin aus dem Markt trägt einen Stapel mit Toastbrot und eine Steige mit Tomaten zu den Abfallcontainern und wirft sie hinein. „Psst!“, flüstert Ellie, „wir bleiben hier, bis alles ruhig ist und dann schauen wir uns das mal genauer an.“ Als kein Mitarbeiter mehr auf dem Gelände zu sehen ist, trauen Paul, Lena und Ellie sich aus ihrem Versteck und schleichen zu den Mülltonnen. Paul öffnet den großen, schwarzen Deckel und staunt. Nur leicht angequetschte Tomaten, Brötchen vom Vortag und Paletten mit Joghurt liegen in der Tonne und sehen aus als wären sie durchaus noch genießbar. „Los, das packen wir ein“, meint Lena. Ellie ist sich unsicher: „Sollen wir?“ „Na klar, und dann sprechen wir morgen in der Schule mit Frau Sommer, sie hat bestimmt eine Idee.“ Die drei packen die Lebensmittel in die großen Stoffbeutel, die Paul mitgebracht hat und machen sich auf den Weg nach Hause.

 

Am nächsten Morgen zeigen sie der Lehrerin ihren Fund. „Das habt ihr alles im Müll gefunden?“, fragt sie erstaunt. „Ja, und jetzt wollen wir es an arme Leute verteilen, wissen aber noch nicht wie“, sagt Paul. „Für die Supermärkte ist es leider oft billiger, die nicht verkaufte Ware einfach wegzuwerfen, anstatt sie an soziale Einrichtungen zu geben, aber ich wollte mit euch sowie ein Projekt zum Thema Lebensmittelverschwendung starten…“ Frau Sommer hat eine Idee: „Die Tafeln zum Beispiel sammeln überschüssige aber gute Lebensmittel und geben diese an Bedürftige weiter. Lasst uns das in die Hand nehmen und im Rahmen unseres Projektes Helfer werden!“

 

Schon am Nachmittag waren die Lebensmittel verteilt und die Schüler haben sogar mit Hilfe einer Plakat-Aktion eine kleine Spende gesammelt, die sie gemeinsam mit ihrer Lehrerin der Tafel überreichten. Sogar ein Reporter von den Ortsnachrichten hat die Klasse interviewt und am nächsten Tag war ein großer Artikel zu lesen: „Schüler befassen sich mit der Lebensmittelverschwendung und werden zu aktiven Helfern“.

 

Besonders gefreut haben sich Paul, Lena und Ellie über den Brief vom „mEinkauf“- Filialleiter. Er fand die Aktion gut und würde die neu gegründete Schul-AG „Essen, wo es hingehört“ gerne unterstützen.

 

Lola Mais, 12 Jahre